Podiumsdiskussion zu Reproduktionstechnologien
Am Donnerstag, 08. Juli 2021 von 16.00 – 18.00 Uhr veranstalten das Institut für Philosophie und das Institut für Politische Wissenschaft gemeinsam eine Podiumsdiskussion zu ethischen und politischen Aspekten der modernen Reproduktionstechnologien. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass technologischer Fortschritt in diesem Bereich neue Anwendungen möglich macht, und insofern sowohl eine Selbstverständigung über grundlegende Werte und Ziele als auch eine Überprüfung der rechtlichen Regelungen nötig ist. Während die einen die neuen Möglichkeiten, Personen mit Kinderwunsch medizinisch besser helfen und assistieren zu können, ausdrücklich begrüßen, und für gewisse Reformen bestehender Gesetze plädieren, warnen andere davor, dass sich mit den neuen Möglichkeiten auch neue Probleme und Herausforderungen ergeben: Vor welche Herausforderungen stellt bspw. die Möglichkeit der Eizell- oder Embryonenspende die Identitätsbildung des Kindes oder die Eltern-Kind-Beziehung? Verändert die Möglichkeit vorgeburtlicher Tests die Perspektive auf ein Leben von Menschen mit Behinderung? Wie ist die Möglichkeit, sich mithilfe von Leihmüttern im Ausland den Kinderwunsch zu erfüllen, rechtlich und moralisch zu beurteilen? Welche unterschiedlichen Macht- und Interessenskonstellationen müssen dabei bedacht werden? Wessen Rechte und Interessen müssen im jeweiligen Fall besonders berücksichtigt und geschützt werden? Und wie kann und soll man bei all dem die Rechte und Interessen zukünftiger Personen angemessen berücksichtigen und schützen? Ist das im internationalen Vergleich restriktive deutsche Embryonenschutzgesetz reformbedürftig? Wenn ja – in welchen Punkten? Und: Wie verständigt man sich in einem Staat, in dem Menschen verschiedener Weltanschauungen und Religionen friedlich zusammenleben, über solche Fragen, die die jeweiligen Vorstellungen vom guten Leben, vom Menschsein und vom guten Zusammenleben fundamental berühren?
Die öffentliche Podiumsdiskussion bildet den Abschluss eines interdisziplinären Seminars von Béatrice Lienemann (Philosophie, FAU) und Eva Odzuck (Politikwissenschaft, FAU), in dem Studierende der Politikwissenschaft und der Philosophie gemeinsam über die ethischen und politischen Implikationen der modernen Reproduktionstechnologien nachgedacht haben.
Auf dem Podium werden die Philosophin Barbara Bleisch, der Theologe und ehemalige Ethikratsvorsitzende Peter Dabrock, der Reproduktionsmediziner Jan-Steffen Krüssel und der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit und Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt gemeinsam diskutieren. Moderiert wird das Podium gemeinsam von Béatrice Lienemann und Eva Odzuck.
Dr. Barbara Bleisch moderiert die Sternstunde Philosophie im Schweizer Fernsehen, arbeitet unter anderem zur Ethik der Eltern-Kind-Beziehung und ist, gemeinsam mit Andrea Büchler, Autorin des 2020 erschienenen Buches „Kinder wollen. Über Autonomie und Verantwortung.“ Prof. Dr. Peter Dabrock ist seit 2010 Professor für Systematische Theologie (Ethik) am Fachbereich Theologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und war von 2012 bis 2020 Mitglied und von 2016 bis 2020 Vorsitzender des Deutschen Ethikrates. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Ethik technischer und (bio-)wissenschaftlicher Durchdringung menschlicher Lebensformen (von Keimbahnintervention bis KI). Dabei interessieren ihn besonders Fragen von sozialer Gerechtigkeit, Menschenwürde und Leiblichkeit. Prof. Dr. med. Jan Krüssel ist Professor für Gynäkologie und Geburtshilfe und Koordinator des universitären interdisziplinären Kinderwunschzentrum Düsseldorf (UniKiD) an der Frauenklinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Im September 2020 wurde im Deutschen Ärzteblatt ein unter seiner Federführung erstelltes Memorandum für eine Reform des Embryonenschutzgesetzes veröffentlicht. Er war Mitglied einer interdisziplinären Arbeitsgruppe der Nationalen Akademie der Wissenschaften „Leopoldina“, welche 2019 die Stellungnahme „Fortpflanzungsmedizin in Deutschland – für eine zeitgemäße Gesetzgebung“ veröffentlichte.
Prof. Dr. Dr. h.c. Heiner Bielefeldt ist seit 2009/10 Professor für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. Zwischen 2003 und 2009 fungierte er als Direktor des auf Beschluss des Deutschen Bundestags eingerichteten Deutschen Instituts für Menschenrechte. Bielefeldts Forschungsinteressen sind breit angelegt und schließen interdisziplinäre Fragen der Menschenrechtstheorie und –praxis genauso ein wie die politische Ideengeschichte und normative Grenzfragen zwischen Menschenrechten und Medizinethik.
Interessierte können die Podiumsdiskussion, die über Zoom übertragen wird, live mitverfolgen und im Chat Fragen an die Podiumsgäste stellen. Anmeldungen zur Veranstaltung bitte über Studon.
Nicht FAU-Angehörige können sich bei Frau Petra Schröder (petra.schroder@fau.de) vom Sekretariat des Lehrstuhls für Politische Philosophie, Theorie und Ideengeschichte anmelden und dort den Zugangslink zu Zoom erhalten.